Typ

 

Fliegerabwehrkanonen der Marine

 

 

45 Kaliber Typ Taishō 10 12 cm Kanone:

 

四十五口径十年式十二糎高角砲

yonjugo kōkei ju nenshiki juni senchi kōshahō

 

 

 

Ab 1921 (Jahr 10 der Taishō-Ära, daher die Benennung) wurde aus der Typ Taishō 3 12 cm Kanone eine verbesserte Version mit vergrößertem Höhenrichtwinkel (+75° statt +33°) zur Verwendung als kombiniertes Geschütz für Mittelartillerie und Fliegerabwehr entwickelt. Weitere Änderungen umfassten unter anderem die Verwendung eines horizontalen Keilblockverschluss an Stelle des Schraubverschlusses, eine geringfügige Vergrößerung des Kammervolumens, eine Verlängerung des gezogenen Rohrteils sowie die Verringerung der Züge von 36 auf 34.

 

Das Geschütz bestand aus Rohr, Oberlafette und einem Pivot als Unterlafette. Das Rohr mit Querkeilverschluss hatte eine Gesamtlänge von 5,604 m, wovon 5,400 m auf Rohr und Kammer entfielen (L/45).  Es  wurden zunächst mehrlagige Rohre mit Mantel- und Seelenrohr verwendet. Anfang der 1930er Jahre wurden diese durch im Autofrettage-Verfahren hergestellte, einteilige Rohre ersetzt. Beide Versionen hatten 34 Züge mit Rechtsdrall eingefräst, wobei eine volle Umdrehung nach 28 Kaliberlängen erreicht wurde. jeder Zug war 6,688 mm breit und 1,45 mm tief. Die Felder zwischen den Zügen waren 4,400 mm breit.

 

Die Oberlafette bestand aus dem vertikal beweglichen Oberteil und dem fest montierten Unterteil. Die Rohrbremse und dem Vorholer waren federhydrauölisch und jeweils in je einer geschlosenen Hülse rechts und links oberhalb des Rohres montiert. Darunter befand sich die Rohrmanschette, in die das Rohr beweglich eingelegt war. Eine horizontal angebrachte, gebogene Zahnschiene unter der Manschette ermöglichte die Höhenrichtung über ein Zahnradsystem an dem unteren Teil der Oberlafette. Es wurden verschiedene Unterlafetten für die unterschiedlichen Einsatzzwecke geschaffen:

 

Bezeichnung Richtwinkel Gewicht Beschreibung
Seite Höhe
A2 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° 20.300 kg elektrohydraulisch drehbare Zwillingslafette ohne Schutzschild, benutzt auf den Flugzeugträgern Akagi und Kaga bei Indienststellung
A KAI 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° 20.300 kg elektrohydraulisch drehbare Zwillingslafette ohne Schutzschild, benutzt auf den Patrouillenschiffen der Mikura- und Ukuru-Klasse
B 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° 7.800 kg manuell drehbare Einzellafette ohne Schutzschild, benutzt auf den Schweren Kreuzern der Furutaka- und Aoba-Klasse und den Minenschiffen Shirataka und Yaeyama
B1 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° unbekannt manuell drehbare Einzellafette mit Schutzschild, benutzt auf den Schweren Kreuzern der Myōkō- und Takao-Klasse
B2 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° 10.000 kg zunächst manuell, später elektrohydraulisch drehbare Einzellafette mit Schutzschild, benutzt auf den Geleitflugzeugträgern der Taiyō-Klasse
C 360 ° −10° bis + 75° unbekannt manuell drehbare Einzellafette ohne Schutzschild für den Einsatz an Land, benutzt zur Küsten- und Basisverteidigung
E 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° unbekannt elektrohydraulisch drehbare Einzellafette mit und ohne Schutzschild, benutzt auf den Patrouillenschiffen der Hei-Klasse (C-Klasse)
E KAI 360°, begrenzt von den Decksaufbauten −10° bis + 75° unbekannt elektrohydraulisch drehbare Einzellafette mit und ohne Schutzschild, benutzt auf den Patrouillenschiffen der Tei-Klasse (D-Klasse)

 

Als Munition kamen das 12 cm Normalgeschoss Modell 1, das 12 cm Normalgeschoss Modell 2, das 12 cm Normalgeschoss Modell 4, ein 12 cm Leuchtgeschoss mit schwimmenden Leuchtkörper zur Beleuchtung von Seezielen und ein 12 cm U-Boot-Abwehrgeschoss zum Einsatz. Letzteres hatte eine abgeflachte Geschossspitze und eine hydrodynamisch günstige Formgebung. Gegen Kriegsende war zudem ein leistungsgesteigertes Geschoss mit aerodynamisch günstigerer Form in Entwicklung. Das Geschossgewicht war jeweils unterschiedlich.

 

Waffe in Einzellafette B1 an Bord des schweren Kreuzers Nachi vor der Modernisierung des Schiffs in den 1930er Jahren

 

Die Treibladung war in einer Hülse aus Messing von knapp 71 cm Länge und 14,4 kg Gewicht untergebracht. Ab 1941 wurden auch hier teilweise Stahlhülsen produziert, um seltene Rohstoffe einzusparen. Das Treibladungsgewicht lag bis 1929 bei 5,00 und ab 1930 bei 5,50 kg. Wieder gab es Probleme mit dem vollständigen Abbrennen der Korditstränge aufgrund eines etwas zu großen Durchmesser. Dies wurde auch hier durch Verringerung des Durchmessers gelöst. Die Munition wurde patroniert gelagert und an die Waffe geliefert. Als Zünder kamen zunächst mechanisch von Hand einstellbare Zeitzünder zum Einsatz. Später wurden Zünderstellmaschinen an den Lafetten dafür verwendet.

 Die maximale Schussweite lag bei 16000 m, die maximale Schusshöhe bei 10900 m. Das auf Großkampfschiffen installierte Typ 94 Feuerleitsystem begrenzte allerdings die effektive Schusshöhe auf 9000 m. Im Einsatz waren 8 bis 13 Schuss je Minute möglich, je nach Dauer des Feuergefechts.

 

Flugbahnschaubild (Flugzeitangaben in Sekunden)

 

1923 waren alle Tests soweit abgeschlossen, dass die Fertigung beginnen konnte. Zunächst war der Bedarf nicht zu groß, da die Waffe vor allem bei Neubauten verwendet werden sollte. Davon wurden aber einige im Rahmen des Washingtoner Flottenabkommens gestrichen oder langwierig umgebaut. Ab Ende der 1928er Jahre wurden zudem einige Einheiten bei längeren Werftliegezeiten entsprechend umgerüstet. Ab Anfang der 1930er Jahre stand dann mit der Typ 89 12,7 cm Flugabwehrkanone eine moderneres Geschütz zur Verfügung. Erst in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre stieg der Bedarf durch den beginnenden Flottenausbau. Allerdings wurde die Waffe nun nur noch bei einigen Hilfs- und Geleitschiffen eingebaut. Letztere sollten daher mit einer schweren Flugabwehr ausgestattet werden. Dabei viel die Wahl auf die Typ Taishō 10 12 cm Kanone, da die Typ 89 12,7 cm Kanone aufgrund der verwendeten Doppellafette zum einen deutlich schwerer war und zum anderen die vohandene Produktion dringend für die größeren Kampfschiffe benötigt wurde. Insgesamt betrug die Gesamtfertigung der Typ Taishō 10 12 cm Flugabwehrkanone bis 1940 aber nur etwa 100 Waffen.

Ab 1940 stieg aufgrund der Kriegslage die Zahl kleiner Marineeinheiten deutlich an. Zudem wurden die Einheiten der Spezial-Marinelandungstruppen mit dieser Waffe verstärkt. Daher wurden bis Ende des Krieges mindestens 2500 Typ Taishō 10 Geschütze gefertigt, wobei die meisten in der Küstenverteidigung verwendet wurden.

 

Typ Taishō 10 12 cm Flugabwehrkanone auf einem modifizierten Typ 97 Chi-Ha

 

Im Einsatz gegen See- und Bodenziele erwies sich die Waffe als gut wirksam. Gegen Luftziele war die Waffe schon aufgrund der langsamen Feuergeschwindigkeit und des begrenzten Höhenrichtwinkels ab 1935 aber veraltet. In der Küsten- und Stützpunktverteidigung bewährte sie sich gut. 1945 wurde ein Geschütz in Lafette Typ  C behelfsmäßig auf einem Typ 97 Mittleren Panzer Chi-Ha aufgebaut. Das Fahrzeug wurde bei Kriegsende in der Marinebasis Yokosuka von den Amerikanern übernommen. Das weitere Schicksal des Fahrzeugs ist unbekannt.

 

 

Daten (Waffe ohne Lafette):

 

Kaliber: 12 cm
Kaliberlänge: L/45
Länge: 5604 mm
Rohrlänge:  5400 mm
Gewicht: 2900 kg
Züge: 34
Zugmaße (Tiefe X Breite): 1,45 mm X 6,688 mm
Drall: gleichförmig, 1 Umdrehung in 28 Kaliberlängen
Drallrichtung: rechts
Kammervolumen: 10,774 dm³
Kammer Arbeitsdruck: 2650 kg/cm²
Rohrrücklauf: n. b.
Lebensdauer Rohr: 700 Schuss
Schussweite: 16000 m
Schusshöhe: 10900 m bei 75 °
Effektive Schusshöhe: 9000 m
Feuergeschwindigkeit: 13 Schuss/min kurzfristig,  bis 8 Schuss/min dauerhaft
Mündungsgeschwindigkeit: 830 m/s
Munitionszuführung: manuell mit patronierter Munition
Gewicht Lafette: siehe Tabelle oben