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Japanische Gewehre

 

Typ 99 Gewehr und Typ 99 Kurzgewehr:

 

九九式小銃 / 九九式短小銃

Kuku shiki shōjū / Kuku shiki tan shōjū

 

 

Da die 6,5 mm Munition veraltet war und im internationalen Vergleich auch leistungsmäßig nicht befriedigete, wurde ab 1920 im Tokyo Armeearsenal ein Gewehr im Kaliber 7,7 mm inklusive Munition entwickelt. Die Versuche endeten 1924 mit der Bereitstellung einer Versuchswaffe. Aufgrund des schweren Erdbebens 1923 war zunächst keine Möglichkeit für eine Erprobungvorhanden. Erst im April 1928 waren die nötigen Voraussetzungen für eine Erprobung gegeben. Diese endete im Juni des gleichen Jahres. Eine Einführung erfolgte nicht, jedoch wurde aus der Munition die Typ 92 7,7 mm Patrone weiterentwickelt.

 

Am 08. und 09.April 1938 erfolgte eine Konferenz, in der die Entwicklung künftiger Infanteriebewaffnung diskutiert und entschieden wurde. Im Hinblick auf die 6,5 mm Munition wurde dringender Handlungsbedarf gesehen. Insbesondere die Wirkung gegen Fahrzeuge war bereits auf mittlere Entfernungen von 250 - 400 m zu gering. Dies wurde in Erwartung eines Konflikts mit der Sowjetunion und der Konfrontation mit deren motorisierten Schützendivisionen, die mit ihrer Geschwindigkeit schnell die Nachschubwege blockieren konnten, als besonderes Problem gesehen. Im Vorlauf auf die Konferenz wurde daher bereits ab 1937 im Chikusa Armeearsenal ein neues Gewehr und ein Kavalleriekarabiner für die Typ 92 7,7 mm Patrone entwickelt. Grundlage waren das Typ 38 Arisaka Gewehr und der Typ 44 Karabiner, die auf 7,7 mm geweitet und etwas verkürzt wurden. Während der Versuche stellte sich heraus, dass die Typ 92 7,7 mm Patrone, die als MG-Patrone eingeführt worden war, Probleme bereitete. Insbesondere der Karabiner hatten Probleme mit dem sehr starken Rückstoß und starkem Mündungsfeuer. Hinzu kamen noch Probleme beim Hülsenauswurf mit der Halbrandpatrone. So wurde ab Mitte 1938 die Typ 99 7,7 mm Patrone entwickelt.

 

Ogura Versuchswaffe

 

Die Prototypentests mit der neuen Munition erfolgten ab Oktober 1938. Ende 1938 wurden dann das Nagoya Armeearsenal und das Ogura Armeearsenal mit der Produktion von Versuchsgewehren beauftragt. Insbesondere die Haltbarkeit sollte dabei verbessert werden. Das Ogura Armeearsenal arbeitete mit einer vergrößerten Version des Typ 38 Gewehres, das Nagoya Armeearsenal modifizierte den Verschluss und den Ladehebel. Beide übernahmen vom Typ 97 Scharfschützengewehr die Drahtabstützung unter der Laufmitte. Parallel dazu wurde jeweils ein Kavalleriekarabiner erprobt. 

 

 

Nagoya Versuchswaffe. 

 

Bereits im Januar erfolgten Versuchstests mit der zweiten Prototypserie. Dabei war vor allem auf eine Produktionsvereinfachung wert gelegt worden. Während der Testst wurden Probleme mit dem Lademechanismus deutlich, die eine Modifikation nötig machten. Außerdem musste der Verschluss überarbeitet werden. Die Änderungen mündeten im Mai 1939 in der Herstellung der dritten Prototypenserie. Diese wurde im Anschluss erfolgreich getestet. Schließlich fiel die Entscheidung zugunsten des Nagoya-Prototypen. Am 15.07.1939 erfolgte schließlich die offizielle Einführung als "Typ 99 Gewehr" beziehungsweise als "Typ 99 Kurzgewehr".

 

Ogura Karabiner über Nagoya Karabiner, unten das Typ Meiji 38 Gewehr zum Vergleich

 

Die Einführung erfolgte in zwei Versionen. Sie sollte die Typ Meiji 38 Gewehre ersetzen. Eine Langversion mit 797 mm Lauflänge war für die Infanterie vorgesehen, eine etwas kürzere Version (kein Karabiner!) mit einer Lauflänge von 657 mm für die Kavallerie, Artillerie und andere spezielle Einheiten. Eine halbautomatische Version wurde 1941 entwickelt, aber abgelehnt.

 

Frühes Visier mit ausgebreiteten Luftabwehrflügeln. Die Zahlen geben die Vorhalte für Geschwindigkeiten von 100, 200 und 300 km/h an

 

Die Vorteile gegenüber dem Typ Meiji 38 Gewehr waren  

- Verwendung des stärkeren Kalibers 7,7 mm

- Munition austauschbar mit dem neuen Typ 99 Leichten MG

- Erhöhte Schussgenauigkeit durch größere Mündungsstabilität

- Ausstattung mit einer Drahtstütze für größere Genauigkeit auf große Entfernungen

- geringere Anfälligkeit der Munition gegen Ablenkung durch Vegetation oder Wind

- geringeres Gewicht der kurzen Version bei größerer Schussstärke

- geringere Größe der kurzen Version, ohne die Nachteile eines Karabiners

- vereinfachte Produktion durch mehr Massenfertigung

- leichter zu Reinigen durch weniger Einzelteile

- geringere Temperaturempfindlichkeit durch weitgehende Abdeckung des Laufes

- weniger Schäden am Visier durch die Formgebung der Laufabdeckung

- Verwendung von Gewehrgranatgeräten möglich

 

Typ 99 Kurzgewehr mit frühem Stützbein mit zwei Füßen

 

Zum Laden wurde ein Ladestreifen mit 5 Schuss auf den geöffneten Verschluss über dem internen Magazin aufgesetzt und die Patronen heruntergedrückt. Der leere Ladestreifen wurde dann mit Schließen des Verschlusses weggeschleudert. Die Anbringung des Typ 30 Bajonetts war möglich.  Die maximale Schussentfernung lag bei 3400 m, das Visier war einstellbar bis 1700 m beziehungsweise 1500 m, die effektive Reichweite lag bei 600 m. Am Visier gab es zwei abklappbare Erweiterungen für Luftzielbeschuss.  Die Waffenwirkung gegen Tiefflieger war aber zu gering. Zum Anvisieren wurde bei vorbeifliegenden Flugzeugen die äußere Markierung verwendet, bei schräg anfliegenden Maschinen die innere. Frontal anfliegende Flugzeuge wurden durch den Mittelteil anvisiert

 

Produktionszahlen Typ 99 Gewehr:

Hersteller

Serie

Seriennummern

Herstellungszeitraum

Toyo Kogyo unter Kokura Supervision

35

1 - 30.000

1939 - 1940

Nagoya Arsenal

 

1 - 8.000

1940

 

     

 

     

Produktionszahlen Typ 99 Kurzgewehr (unvollständig):

Hersteller

Serie

Seriennummern

Herstellungszeitraum

Nagoya Arsenal

 

1 - 99.999

1939-1945

 

1

1 - 99.999

 

 

2

1 - 99.999

 

 

3

1 - 99.999

 

 

4

8501 - 26.500

 

 

5

1 - 99.999

 

 

6

1 - 99.999

 

  7

1 - 99.999

 
  8

1 - 99.999

 
  10

1 - 99.999

 
  11

1 - 99.999

 
  12

1 - 99.999

 

Howa Jyuko unter Nagoya Supervision

4

1 - 8.500

1940

 

9

1 - 9.500

1943

  13

1 - 15.000

1945

Izawa Jyuko unter Nagoya Supervision

9

50.000 - 80.500

1942

Kokura Arsenal

20

1 - 99.999

  ca. 1940-1945

 

21

1 - 99.999

 

 

22

1 - 99.999

 

 

23

1 - 99.999

 

  24

1 - 99.999

 

  25

1 - 92.000

 

Tokio Juki Kogyo unter Nagoya Supervision 27 1 - 77.000  
       

 

Insgesamt wurden etwa 38.000 Typ 99 Gewehre und fast 2.500.000 Typ 99 Kurzgewehre gefertigt

 

 

Eigentlich sollte das Typ 99 Gewehr nach und nach seinen Vorgänger ersetzen. Der Kriegseintritt gegen die Alliierten verhinderte dies, da kurzfristig alle vorhandenen Gewehre benötigt wurden. Der Austausch sollte Schritt für Schritt, ausgehend von den Verbänden in China und der Mandschurei über das Heimatgebiet bis nach Übersee erfolgen. Mangelnde Rohstoffe und Transportkapazitäten führten dazu, dass nur wenige Verbände die Waffe erhielten. So wurden vor allem Frontverbände im Südpazifik mit der Waffe ausgerüstet, wobei bei weitem nicht alle damit ausgestattet werden konnten. In China blie das Typ Meiji 38 Gewehr Standardwaffe.

 

Die Waffe war ausreichend wirksam und relativ beliebt, obwohl sie 1943 bereits veraltet war. Die Zukunft gehörte den halbautomatischen Gewehren und Karabinern sowie den Sturmgewehren.

 

Typ 99 Kurzgewehr

 

Anfang 1942 wurde die Produktion der Waffe vereinfacht. So fiel ein Fuß des Standbeins weg und die Luftabwehrvisierung fiel weg. 1944  wurde die Waffe erneut produktionstechnisch überarbeitet und vereinfacht, um mit dem steigenden Bedarf an Gewehren mithalten zu können. Einige Metall- und Kunststoffteile wurden durch Holz ersetzt. Das Klappvisier wurde durch ein festes Visier mit einfacher Entfernungseinstellung ausgetauscht. Die Verchromung des Laufes entfiel. Die Holzqualität sank und einige Holzteile entfielen. All dies führte zu deutlichen Einschränkungen in der Waffenwirkung, die man aber für vertretbar hielt. Zuletzt wurden mehr und mehr minderwertige Werkstoffe verwendet und die Verarbeitung wurde schlecht. Dies führte letztlich zu einer weiter sinkenden Wirkung und zu verstärkten Schwierigkeiten mit Waffenausfällen. Spätere US-Tests erfolgten zumeist mit solchen Waffen aus den letzten Jahren, so dass die Waffe einen eher schlechten Ruf bekam.

 

Zerlegte Waffe eines späteren Bauloses

 

Im chinesischen Bürgerkrieg, im französischen Vietnamkrieg, im Korea-Krieg (jeweils von kommunistischer Seite) und in den indonesischen und malaysischen Unabhängigkeitkriegen (von den Aufständischen) wurden zurückgelassene Typ 99 Kurzgewehre verwendet. National-China rüstete erbeutete Typ 99 Gewehre auf das Kaliber 8 X 57 mm IS um und verwendete sie gegen die Kommunisten.  1950 wurden etwa 126.000 Typ 99 Kurzgewehre und wenige tausend Typ 99 Gewehre auf das amerikanische Kaliber 7,62 × 63 mm (30-06) Springfield‎, wie es auch das M1 Garand nutzte, umgerüstet. Die Waffen wurde als ersatzweise Ausrüstung südkoreanischer Verbände im Korea-Krieg verwendet bis zur Auslieferung der neu bestellten M1 Garands. Die thailändiche Polizei rüstete ihre Bestände Anfang der 50er Jahre ebenfalls auf das Kaliber 30-06 Springfield um. Auch die japanische Polizei verwendete 75.000 umgerüstete Waffen. Aufgrund der schlechter werdenden Qualität der Waffen zum Kriegsende hin kam es jedoch immer wieder zu Problemen mit diesen umgerüsteten Gewehren. 1960 wurden die ersten Verbände der Japanischen Bodenverteidigungsstreitkräfte mit diesen Beständen ausgerüstet. 1969 erfolgte schließlich mit der Einführung des Typ 64 Sturmgewehres die endgültige Ausmusterung aus dem aktiven Dienst. 

 

 

Daten (Typ 99 Gewehr/Typ 99 Kurzgewehr):

 

Kaliber: 7,7 mm
Züge: 4, Rechtsdrall
Länge: 1258 mm/1118 mm
Lauflänge: 797 mm/654 mm
Höhe:  
Breite:  
Gewicht: 4100 g/3800 g geladen
maximale Mündungsgeschwindigkeit: 740 m/s/730 m/s

Magazinkapazität:

5 Schuss

Feuergeschwindigkeit: 10 Schuss/Min
Einsatzschussweite: 600 m