Fliegerabwehrwaffen
Typ Taishō 11 7,5 cm Feld-Flugabwehrkanone:
十一年式七糎半野戦高射砲
Jūichi nenshiki nana senchi han Yasen Kōshahō
Während des Ersten
Weltkrieges beteiligten sich britische und japanische Streitkräfte von Anfang
September bis Mitte November 1914 an der Belagerung von Tsingtau im deutschen
Pachtgebiet Kiautschou. Dabei wurden (siehe Gunther Plüschow) in geringem Umfang
auch Flugzeuge für die Aufklärung sowie zum Bombenabwurf eingesetzt. Die
Maschinen der Kriegsparteien stammten seinerzeit aus Europa. Sie waren noch
primitiv und richteten bei Angriffen kaum Schaden an, doch der Wert der
gewonnenen Informationen durch die Aufklärung war hoch. Entsprechend versuchte
man gegenseitig die Flugzeuge abzuschießen. Mit den ersten Landungstruppen
brachten die Japaner auch Waffen an Land. Neben Infanteriewaffen wurden hier,
wie auch in Europa, Feldgeschütze an Steigungen im Gelände so positioniert, dass
sie zusammen mit dem normalen Höhenrichtwinkel einen größeren Bereich des
Himmels beschießen konnten. Problematisch blieb dabei die geringe
Feuergeschwindigkeit, das umständliche Richten und die noch primitiven
Zeitzünder der Flugabwehrgeschütze. Erfolgreiche Flugzeugabschüsse blieben so
eher Zufallstreffer.
Im Mai 1918 entschied sich die
japanische Armeeführung aufgrund der rasanten Entwicklung bei den
Kampfflugzeugen erstmals Versuche mit speziell konstruierten Flugabwehrwaffen
durchzuführen. Die ersten Versuche basierten auf der Verwendung des
Typ Meiji 38
7,5-cm-Feldgeschützes, entsprechend montiert auf einem frühen
Militärlastkraftwagen des Heeres. Die Versuche ergaben aber noch größere
Probleme als in Tsingtau 1914, da die Flugzeuge inzwischen schneller und
manövrierfähiger geworden waren und der frühe Lastkraftwagen nur eine
unzureichende Plattform bot.
Tokyo Gas und Elektrik Typ A Lastkraftwagen mit Typ Taishō 11 7,5-cm-Feld-Flugabwehrkanone
1919 wurde daraufhin das Technische Büro der
Armee beauftragt, grundlegende Anforderungen an eine Flugabwehrkanone
zu erarbeiten. Dem Ganzen wurde eine hohe Priorität zugewiesen, da inzwischen
das Potential von Militärflugzeugen klar erkannt worden war. 1920 wurden die
Ergebnisse der Armeeführung vorgelegt. Zeitgleich begann das Armeearsenal Osaka mit der
Entwicklung einer entsprechenden Flugabwehrwaffe. Vorgabe war unter anderem die
Verwendung von Teilen des
Typ Meiji 38 7,5-cm-Feldgeschützes, um einerseits
möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen und andererseits um die nötige
Ersatzteilversorgung zu vereinfachen. So entstand bis 1922 mit der Typ Taishō
11
7,5-cm-Feld-Flugabwehrkanone eine zeitgemäße Waffe.
Das Geschütz besteht aus drei Teilen:
* Rohr
* Oberlafette mit Rohrrücklauf
* Unterlafette mit Pivot
Das Rohr mit Verschluss selbst
wog 329 kg und hatte eine Länge von 2,56 m (L/34,1). Es besaß einen nach rechts
öffnenden Querkeilverschluss. Es war in einer Schiene auf einer u-förmigen
Rohrwiege gelagert, die einen Schusswinkel von 0° bis 85° ermöglichte. Der
federhydraulische Rohrrücklauf mit Rohrbremsmechanismus war waagerecht eingebaut
und ragte nach vorn heraus. Die maximale Rücklauflänge betrug 600 mm. Die
Seitenrichtung erfolgte grob durch die Bedienmannschaft, wobei der
Feinrichtmechanismus ausgekoppelt wurde. Die Feinrichtung und die Höhenrichtung
erfolgten über Handräder rechts und links an der Wiege. Für die Richtschützen
waren Metallsitzschalen vorgesehen. Rohr und Rohrwiege waren auf einem
Mittelpivot montiert, was einen Seitenrichtbereich von 360° ermöglichte. Das
Gesamtgewicht von 2061 kg wurde durch fünf gleichmäßig verteilte Holme mit
großen Auflagetellern auf den Boden verteilt. Am Boden befestigt wurden die
Holme mit mehreren Erdankern. Um das Pivot war auf den Holmen eine rund
umlaufende Metallplatte als Arbeitsfläche der Bedienmannschaft zur einfacheren
Bedienung verschraubt.
Zweiseitenskizze ohne Holme und Bedienplattform
Die Holme waren in einem regelmäßigen Fünfeck
angeordnet. Zum Transport wurden drei Holme angeklappt, so dass sie als
Zugdeichsel genutzt werden konnten. Zwei Holme wurden demontiert und mit den
Rundplattenelementen im Zugfahrzeug verstaut. Das Pivot wurde angehoben und zwei
Holzräder mit Hartgummiauflage mittig unter dem Geschütz verschraubt. Gezogen
wurde die Waffe dann unter anderem von der 4-t-Zugmaschine. Auf- und Abbau waren
zeitaufwändig und machten ein schnelles Verlegen praktisch kaum durchführbar.
Das Abfeuern im Transportzustand war nicht möglich.
Die
Munition bestand aus getrennt
transportierten Treibladungskartuschen und Geschossen. Im Erdkampf konnten die
normale Munition der Typ 38 7,5 cm Feldkanone verwendet werden. Für die
Flugabwehr wurde zunächst aus einem Artilleriegeschoss ein zylindrisches Schrapnell mit einfacher,
ballistischer Haube als
Typ Meiji 38 7,5-cm-Flugabwehr-Schrapnell entwickelt. 1930 wurde mit
dem
Typ 90 7,5-cm-Sprenggeschoss ein aerodynamisch günstiger geformtes Geschoss
eingeführt.
Hinzu kamen noch das
Typ Taishō
11 Zieldarstellungsgeschoss
und das
Typ 90 7,5-cm-Leuchtgeschoss.
Zudem gab es ein
Exerziergeschoss, dass entweder mit einer mit
Zement ausgegossenen Kartusche oder einer geladenen Kartusche verwendet werden
konnte.
Im Einsatz wurde nach
Instellunggehen die nötige Bereitschaftsmunition aus den beiden Teilen
zusammengesetzt und neben den Geschützen bereitgelegt. Zusammen mit der
Kartusche und dem Zünder lag das komplette Gewicht der Patrone bei knapp 9 kg. Mit der
Munition war mit Aufschlagzündern eine Maximalschussweite von 10.900 m möglich.
In der Luftabwehr wurde mit voreingestellten Zeitzündern geschossen. Die
wirksame Schusshöhe lag bei etwa 4.000 m. Diese Werte entsprachen zum Zeitpunkt
der Einführung den Notwendigkeiten. Der Fortschritt im Flugzeugbau führte aber
bald zu höheren Anforderungen für Flakgeschütze.
Aufgrund der angespannten
Finanzlage des Heeres wurden nur 44 Geschütze bestellt. Damit wurden 1923 10
Batterien mit je vier Geschützen für die Heimatverteidigung aufgestellt. Im
Einsatz der Flugabwehrkanonen machten das langwierige Auf- und Abbauen kaum
Schwierigkeiten. 1933 wurden zwei der Geschütze als Bewaffnung für einen
behelfsmäßigen Panzerzug in der Mandschurei verwendet. Mitte der 30er-Jahre nach
Steigerung der Produktion des Nachfolgemodells wurden einige der Geschütze an
Museen abgegeben, der Rest wurde verschrottet.
Aus der
Typ Taishō 11 7,5-cm-Feld-Flugabwehrkanone wurde zunächst 1924 mit der
Typ Taishō
14
10-cm-Flugabwehrkanone eine vergrößerte Version im Kaliber 10,5 cm entwickelt.
Ab 1927 folgte dann die
Typ 88 7,5-cm-Feld-Flugabwehrkanone. Diese war optisch
weitgehend identisch, hatte jedoch etliche Detailverbesserungen.
4-t-Zugmaschine mit angehängtem Geschütz in Fahrstellung
Daten:
Kaliber: | 75 mm |
Kaliberlänge: | L/34,1 |
Länge: | n. b. |
Rohrlänge: | 2560 mm |
Gewicht: | 2061 kg ohne Räder |
Züge: | n. b. |
Zugmaße (Tiefe X Breite): | n. b. |
Drall: | gleichförmig |
Drallrichtung: | rechts |
Kammervolumen: | n. b. |
Kammerlänge: | n. b. |
Kammer Arbeitsdruck: | n. b. |
Mündungsdruck: | n. b. |
Rohrrücklauf: | bis 600 mm |
Lebensdauer Rohr: | n. b. |
Schussweite: | 10900 m |
Schusshöhe: | 4500 m bei 85° |
Effektive Schusshöhe: | 4000 m |
Feuergeschwindigkeit: | 15-20 Schuss/min |
Mündungsgeschwindigkeit: | n. b. |
Munitionszuführung: | manuell einzeln |
Verwendete Literatur und Internetquellen:
- Sayama Jirō: "Fliegerabwehrmaschinenkanonen und Festungsartillerie der japanischen Armee", Kojinsha, Tokyo, 2012, ISBN 978-4-7698-2729-0, Originaltext japanisch
- Sayama Jirō: "Artillerie, Mörser, Raketenwerfer usw. der japanischen Armee – Eine gründliche Studie über japanische Landkriegswaffen", Kojinsha, Tokyo, 2011, ISBN 978-4-7698-2676-7, Originaltext japanisch
- US War Department Technical Manual TM 9-1985–5: "Japanese Explosives Ordnance", US-Department of War, Washington D.C. 1953, https://archive.org/details/TM9-1985-5/page/n19/mode/2up , Originaltext englisch