Britische Sturzkampfbomber:

 

 

Blackburn „Skua“:

 

 

Eine wenig bekannte Tatsache ist, dass auch Großbritannien einen Sturzkampfbomber besaß.

Die britische Marine war in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhundert stärker als jede andere Marine. Traditionell setzte die Admiralität auf eine mächtige Schlachtflotte. Mit dem Aufkommen des Flugzeugs als Kampfmittel erkannte man den Wert als Aufklärer und eine große Vielzahl von land- und bordgestützten Aufklärungsflugzeugen wurde eingesetzt. Mitte der Zwanziger sorgte die rasante Entwicklung dafür, dass man Flugzeuge auch als Mittel zum Angriff sah. So entstanden, wie auch international, einige Flugzeugträger, für die Flugzeuge geschaffen werden mussten. Die britische Fleet Air Arm (= Marineluftwaffe) entstand. Mitte der dreißiger Jahre erkannte die Admiralität, dass mittelfristig eine neue Generation von Kampfflugzeugen nötig werden würde, um die bald veralteten Jäger Hawker Nimrod und die Bomber Hawker Osprey zu ersetzen.

Damals war die Hauptaufgabe eines trägergestützten Jägers die Abwehr gegnerischer Aufklärer, nicht der Schutz gegen Bomber! Dazu sah man die bordeigene Luftabwehr vor. So sollten denn auch die neuen Maschinen beide Aufgaben erfüllen, den Bombenangriff und die Luftabwehr.

Vor allem die Osprey waren sehr beliebt bei den Piloten, da sie sehr zuverlässig waren und auch die Jägerrolle übernehmen konnten. Vor allem der Wunsch der Piloten nach einem Multifunktionsflugzeug führte dazu, dass die Admiralität beim Luftfahrtministerium, welches für die Ausrüstung von RAF und FAA mit Maschinen verantwortlich war, eine solche Ausschreibung forderte. 1934 erfolgte diese Ausschreibung (Nr.: O.27/34).

 

Gefordert wurde ein Flugzeug, dass trägertauglich war, bis 500 Pound (1 lb = 454 g) Bombenlast tragen konnte, 4 MGs für den Einsatz als Jäger besaß und sturzkampftauglich war. Die FAA sah eine besondere Aufgabe für diese Flugzeuge vor. Sie sollten mit 500-lb-Spezialbomben (SAP = semi-armour-piercing bombs) gegnerische Flugzeugträger versenken. Dazu muss man wissen, dass nur Großbritannien  Flugzeugträger mit gepanzerten Flugdecks besaß, was sich später im Pazifikkrieg bewährt hat (auch wenn es auf Kosten der Zuladung ging). Alle anderen Nationen hatten ungepanzerte Flugdecks auf den Trägern, die mit diesen Spezialbomben leicht durchschlagen werden konnten und dadurch verheerenden Schaden in den Unterdecks erhielten. Es war auch ein Einsatz als U-Bootjäger vorgesehen, aber die dazu verwendeten AS-Bomben (anti-sub) waren wirkungslos. Für den Angriff auf andere Kriegsschiffe erschienen den Verantwortlichen Torpedobomber wie die Fairey Swordfish Erfolg versprechender, obwohl sich die 250-lb-GP (general purpose) Bombe durchaus als erfolgreich herausgestellt hatte.

 

Wie wenig wichtig man die Anforderung der Admiralität nahm mag man daran erkennen, dass der erste Prototyp K5178 erst zwei Jahre nach Bestellung (1935) am 7.2.1937 flog. Bis Ende 1937 sind mehrere Testreihen durchgeführt worden. Dabei wurden strukturelle Probleme an dem zweisitzigen Tiefdecker erkannt und die Produktion des zweiten Prototyps (K5179) verzögerte sich bis Mai 1938. Inzwischen war der Bedarf an diesen Maschinen so dringend geworden, dass man bereits im Juli 1936 (!) 190 Maschinen bestellte. Die erste Produktionsmaschine (L2867) hatte ihren Erstflug am 28.8.1938. Der zunächst benutzte Motor Bristol Perseus erwies sich als schwer zu warten und unzuverlässig. Außerdem waren nur wenige dieser Motoren gebaut worden, was die Ersatzteillage sehr kompliziert werden ließ. Später wurden die Maschinen auf Bristol Hercules Motoren umgerüstet.  Ende 1939 waren bis auf eine alle 190 Maschinen ausgeliefert. Die 250-lb- oder die 500-lb-Bombe wurde, wie bei der Ju 87, unter den Rumpf gehängt und wurde beim Abwurf mit einer Ablenkgabel unter den Propellerdrehkreis gelenkt. Darüber hinaus konnten zwei 40 lb Bomben unter die Flügel gehängt werden. Zur Abwehr konnte der Funker ein nach hinten gerichtetes Lewis-MG bedienen. Ein großer Nachteil der Maschinen war die geringe Steigleistung, die der Motor lieferte. Die Maschine erreichte ihre Gipfelhöhe von 6850 m erst nach 43 (!!) Minuten.

 

 

Die Skua war der erste Eindecker der FAA. Als solcher war er das Arbeitstier der Royal Navy, die diese Maschine bis Kriegsende nutzte. Die späte Auslieferung führte dazu, dass der erste größere Einsatz der Skua-Squadrons erst im Kampf um Norwegen erfolgte. Bis dahin war ihre Aufgabe vor allem der Schutz der Home-Fleet und die Überwachung der deutschen Bucht. Hier gelang der erste britische Luftsieg des Krieges, als am 26.9.1939 eine Skua ein Dornier-Flugboot abschoss.  Insgesamt wurde dieses Flugzeugmodell häufiger als Jäger denn als Bomber verwandt. Den größten Erfolg der Skua-Squadrons erfolgte im Rahmen des Norwegen-Feldzuges, als sie im Hafen von Bergen den Kreuzer Königsberg mit einem Sturzangriff am Pier versenkten.

 

 

Sehr erfolgreich war die Maschine auch in der Überwachung des Kampfraumes Mittelmeer, wo sie neben ihrem Einsatz als Jäger auch mehrere Transportschiffe versenkten. Anfang 1943 waren die Maschinen veraltet und wurden an Schuleinheiten abgegeben. Insgesamt kann man sagen, dass sich der Flugzeugtyp sehr bewährt hat.

 

Daten:

 

Blackburn „Skua“, einmotoriger zweisitziger Eindecker, trägergestützter Jäger und Sturzbomber

Besatzung: 2 Mann (Pilot, Funker)
Motor: Bristol Perseus XII Neunzylinder-Sternmotor luftgekühlt
Leistung: 815 PS, Notleistung über 5 Minuten 915 PS
Länge: 11860 mm
Höhe: 4100 mm
Spannweite: 15350 mm
Flügelfläche: 31,95 m2
Gewicht Leer: 1192 kg
Fluggewicht: 1862 kg
Höchstgeschwindigkeit: 360 km/h
Reichweite:  1230 km
Gipfelhöhe: 6850 m
Steigrate: 571 m/min
Verhältnis Leistung-Gewicht: 0,32 PS/kg
Bewaffnung: 4 X  .303 (=7,92mm) Browning MG mit je 300 Schuss in den Flügeln
  1 X  .303 Lewis-MG im hinteren Cockpit
  1 X 250 lb GP-Bombe oder 1X 500lb SAP-Bombe oder 1 X 100 lb AS-Bombe unter dem Rumpf
  2 X 40 lb oder 4 X 20 lb Bomben unter den Flügeln

 

 

 

1938 ist eine verstärkte Version produziert worden, die ausschließlich als Jäger vorgesehen war, die Blackburn Roc. Als einer von weltweit zwei eingesetzten Jägertypen dieser Konfiguration besaß er im hinteren Cockpit eine .303-Vierlingslaffette in einem um 360° drehbaren Turm.

 

 

 

 

US-Modelle:

 

Die RAF bestellte 1940 700 Vultee V-72 Vengeance in den USA. Darüber hinaus erhielt Großbritannien im Rahmen des Lend/Lease-Vertrages weitere V-72, SBC Dauntless und SB2C Helldiver.

Die V-72 Vengeance wurde ausschließlich in Indien gegen Japan eingesetzt. Die SBC Dauntless wurde getestet und 29 Maschinen gingen als Trainer an die RAF. Die Helldiver waren so schlecht handhabbar, dass von einer Verwendung abgesehen wurde. Die von den USA gelieferten Maschinen wurden zurückgeschickt.